Eine Liebe im Kaukasus

Ganijewa, Alissa, 2016
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Medienart Buch
ISBN 978-3-518-42554-1
Verfasser Ganijewa, Alissa Wikipedia
Beteiligte Personen Körner, Christiane [Übers.] Wikipedia
Systematik U-Lit/ - Unterhaltungsliteratur
Schlagworte Familie, Liebesgeschichte, Moskau, Korruption, Moderne, Muslim, Terror, Konflikt, U-Lit/Gan 001, Archaik
Verlag Suhrkamp
Ort Berlin
Jahr 2016
Umfang 238 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache Deutsch
Verfasserangabe Alissa Ganijewa. Christiane Körner
Annotation Quelle: Pool Feuilleton;
Wenn in der großen Politik nichts zu holen ist, stürzen sich die Menschen auf das kleine Glück und politisieren es. Die Hochzeit ist dabei das Parlament des kleinen Mannes und der kleinen Frau, darin können sich beide für einen Tag verwirklichen, ehe das Unglück wieder Fahrt aufnimmt.
In Alissa Ganijewas Roman "Eine Liebe im Kaukasus" dreht sich vordergründig alles ums Heiraten. Patja hat in Moskau ein Praktikum absolviert und soll nach Dagestan zurück, um zu heiraten, ehe es zu spät ist. Sie ist mit fünfundzwanzig schon sehr überständig. Die Fühler zu Hause sind schon ausgefahren, man hat bereits den Hochzeitsaal reserviert, man weiß nur noch nicht, wer wen heiraten wird. Ähnlich ergeht es Murat, der in Moskau in einer Anwaltskanzlei arbeitet und ebenfalls nach Hause soll, weil dort komplizierte Verträge Probleme machen.
Die beiden Protagonisten liefern der Gesellschaft zu Hause eine Abwehrschlacht gegenüber den in Stellung gebrachten potentiellen Partnern, ehe sie dann mehr aus Verzweiflung als aus Berechnung beschließen, einander selbst zu heiraten. Aber die Ehe glückt zumindest bis Romanende nicht, weil sich die Braut noch nicht restlos von der Freiheit trennen kann und der Bräutigam sich klassisch versäuft und den Termin verpasst. In einem Bild intensiver Freiheit schmilzt in einem leichten Sud die Welt zusammen auf jenen Punkt, der für einen Augenblick alles erträglich macht. "Alles war so gut, dass es besser gar nicht sein konnte." (227)
In dieses Hochzeitskorsett ist die aktuelle Geschichte Dagestans verpackt. Die Menschen sind entwurzelt und wohnen perspektivlos in einer Siedlung hinter den Gleisen, unter den offiziellen religiösen Riten werden alte Märchen und Geschichten erzählt, ein lokaler Oligarch hat alle Geschäfte übernommen, Moskau ist weit und seit den Tschetschenen-Kriegen liegt die Gegend am Kaspischen Meer in zukunftsloser Agonie. Das einzige Forum, in dem sich zumindest die Elterngeneration verwirklichen kann, bietet der Heiratsmarkt. Damit wird gleichzeitig das Unglück an die nächste Generation weitergegeben. Und Moskau nützt auch nichts, wenn man nach der Ausbildung wieder zurückkehrt in die Peripherie. Hier wird der Roman zu einer Peripherie-Saga, wie sie in allen Gesellschaften erzählt werden kann.
In einem höchst erhellenden Nachwort erklärt die Übersetzerin Christiane Körner die Ursachen und Zusammenhänge dieser Düsternis an der Peripherie Russlands. Gegen die Archaik der Verhältnisse kommt nur an, wer archaische Geschichten zu erzählen weiß.
Helmuth Schönauer

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