Heute will ich langsam sein

Janisch, Heinz, 2005
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Medienart Buch
ISBN 978-3-7026-5769-7
Verfasser Janisch, Heinz Wikipedia
Beteiligte Personen Wolfsgruber, Linda [Ill.] Wikipedia
Systematik K/Lyr - GS-Bib Gedichtsammlungen
Schlagworte Lyrik, Alltag, Kindergedicht, K/Lyr 011
Verlag Jungbrunnen
Ort Wien
Jahr 2005
Umfang 92 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache Deutsch
Verfasserangabe Heinz Janisch. Linda Wolfsgruber
Illustrationsang Ill.
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Heidi Lexe;
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Bücher zu sortieren: Manche Menschen ordnen ihren Büchern Farben zu und stellen jene Bücher, die das Gefühl von Blau oder Grau oder Grün bei ihnen hervorrufen, nebeneinander ins Regal. Eine sicher ebenso unkonventionelle Möglichkeit, Bücher in ihrem 'Wesen zu erfassen, wäre es, ihnen Geschwindigkeiten zuzuordnen. Die Jugendliteratur und insbesondere der Adoleszenzroman könnte dann als beschleunigtes Genre gelten; der Lyrik hingegen würde wohl das Moment der Langsamkeit zugesprochen werden.
Der Titel des neuen (Kinder-)Gedichtbandes von Heinz Janisch darf in diesem Fall als Pleonasmus bezeichnet werden: Heute will ich langsam sein. In jedem Fall zeigt sich an diesem Titel, dass Heinz Janisch Zuordnungen wie die oben angesprochenen durchaus mag: Der Vorgängerband zum soeben erschienenen Lyrikband heißt 'Ich schenk Dir einen Ton aus meinem Saxofon und frönt damit wohl ein wenig dem Versuch, Bücher mit Musik zu assoziieren. Lesungen aus diesem Band veranstaltet Heinz Janisch am liebsten mit Musikbegleitung: Der Kontrabass oder eben das Saxofon zeigen dann die Wesensverwandtschaft von Lyrik und Musik im Mittel der Reduktion. Und nun also ein weiterer Schritt der Entschleunigung:

Heute will ich langsam sein
Mein Schutzengel ist noch sehr klein
und müde vom Fliegen
Er soll keinen Ärger kriegen
Ich geh heut langsam,
Schritt für Schritt
Da kommt er spielend mit

An diesem 'Heute will das lyrische Ich nicht nur langsam sein, sondern spricht quer über den Band verteilt auch von seinem Wunsch, zum Meer gehen, tausend Träume träumen, still am See stehen, auf dem Baum wohnen, die Trommel schlagen oder einfach allein sein zu wollen.
Wie klingt das kalte Glas?
Und wie das warme Gras?

Es sind Momente des Hinhörens und des Erspürens, die Heinz Janisch hier in kleinen Versen sammelt und mit deren Hilfe er Grundmotive des titelgebenden Gedichtes immer wieder aufgreift durchscheinende Wesen zum Beispiel, seien es Engel, Wolkenelefanten, Schmetterlinge oder Frauen aus Papier. Oder das sich Schritt-für-Schritt-Fortbewegen, das Gehen, das Staunen, das Wahrnehmen, das Einander-nahe-Sein. Dazwischen wird ins Stroh gepinkelt und Wespenalarm ausgerufen, es kommt der große WAFZNU zu Wort und lang- sowie kurznasige Holzpuppen bezeugen den Wahrheitsgehalt von (Un-)Gereimtem:
Eine gute Schaumrolle
schmeckt nach Wolle.

Die in Peter-Pan-Haltung triumphierend im Bild platzierten Pinocchios stammen wie auch alle übrigen grafischen Gestaltungselemente - von Linda Wolfsgruber. Die vielfach ausgezeichnete Illustratorin macht diesen Band (wie auch schon 'Ich schenk Dir einen Ton aus meinem Saxofon) zum Schau-Erlebnis: Sie greift das Wörtliche und gleichzeitig Assoziative der Gedichte auf und übersetzt es mit künstlerischen Mitteln in ihre Bilder. Sie verwendet verschiedene Materialien, arbeitet flächig und figural, arrangiert Bildsymbole, lässt Insekten ausschwärmen und Störche Schachfiguren verschieben.
Motive aus dem Vorgängerband wie der sich drehende Tellerrock, die Wolkenbilder oder der Fisch auf dem Tisch werden dabei erneut aufgegriffen und in neuen Zusammenhang gestellt, sodass liebevoll vorgetragene Ironisierungen durchaus nicht nur auf den Text abzielen. Bis sich schließlich das lyrische Ich zwischen Buchseiten versteckt und dem Du zum Geschenk gemacht wird mit Linda Wolfsgrubers Hilfe wird es auf extravagante Weise wortwörtlich an uns herangetragen.
Das Gedicht
kommt
immer

zu kurz

Nun, wer sich hier dem Wunsch anschließt, heute Rückwärts zu gehen und dabei eine Weltreise mit den Fingerspitzen zu unternehmen, der sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit für das (Kinder-) Gedicht heute einmal lange währt.

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Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Als stiller Beobachter und heiterer Träumer zeigt sich der österreichische Autor, wenn er die Welt lyrisch durchstreift: Schrittweises sich Fortbewegen und Erstaunen über
die kleinsten Dinge führen zu Gedichten über Wolkenelefanten, Schmetterlingen und Frauen aus Papier. Dem Durchscheinenden, manchmal gar nicht Sichtbaren verleiht Janisch ein sprachliches Antlitz. Und wieder ist es Linda Wolfsgruber, die die Sprachassoziationen illustratorisch aufgreift und zum Schau-Erlebnis macht: Ohne den Gedichten ihren Freiraum zu nehmen, arrangiert sie Wörtliches wie Vorgestelltes in ironisierendem Variantenreichtum.
*STUBE*

Eine Schneekugel. In ihrem Inneren fehlt das übliche Schneeflockentreiben. Und in der Mitte der Kugel ein Kind - in Pudelmütze, Stiefel und Wintermantel. Linda Wolfsgruber stellt das auf den ersten Schnee wartende lyrische Ich in die völlig entleere Welt der Schneekugel und greift damit das Wörtliche und zeitgleich Assoziative des Gedichtes auf. Hier, inmitten der Stille, darf das Kind mit sich selbst alleine sein. Alleine, aber niemals einsam, sind viele der wartenden, erwartungsvollen, genießenden und träumenden Figuren dieses poetisch-stillen Gedichtbandes, der kleine Augenblicke zum Fest werden lässt.
Ob mit den Fingerspitzen auf Weltreise, beim Gehen, am Strand oder am Baum wohnend: Sie alle vereint eine Sehnsucht nach Langsamkeit und der Wunsch danach, die Welt anzuhalten, um ruhig werden zu dürfen. Heute, dieses kleine Wort stellt sich beständig in den Mittelpunkt vieler Gedichte und verweist dabei beharrlich auf ein Ankommen im "Hier-und-Jetzt": Heute will ich allein sein. Einfach so. Das wird fein.
*STUBE*

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