Junge Hunde : Roman

Travnicek, Cornelia, 2015
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Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 1 (voraussichtl. bis 28.08.2023)
Medienart Buch
ISBN 978-3-421-04628-4
Verfasser Travnicek, Cornelia Wikipedia
Systematik 9/ - Jugendbücher 14-18 Jahre
Interessenskreis Erwachsenwerden
Schlagworte China, Freundschaft, Familie, Roman, Suche, Erwachsenwerden, Demenz, Wahrheit, Herkunft, Aufrichtigkeit, 9/Tra 002
Verlag Deutsche Verlags-Anstalt
Ort München
Jahr 2015
Umfang 237 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache Deutsch
Verfasserangabe Cornelia Travnicek
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Ines-Bianca Vogdt;
Das Licht trieft lichtern an den Bäumen herab: Zu welcher Tageszeit packt Johanna also das Zimmer ihres Bruders im Elternhaus zusammen? Wie alt ist sie, wie alt der demenzkranke Vater, der im Garten ruft? Sie 50, er 90? Und es geht blutig zu. Die Protagonistin muss das Leben des Bruders aus diesem Haus operieren, sie führt (nur vier Zeilen später) eine Operation am offenen Geist durch. Ein Arztroman also? Ah, nein, da haben wirs: gerade erst hat Johanna ein Studium abgeschlossen. Sie wird wohl Mitte Zwanzig sein. Sperriges aus dem Haus so heißt das 1.Kapitel, auch der Leser arbeitet sich zwischen Sperrigem durch. Ergreift hier ein Bild, da eine Metapher, getrieben von der Hoffnung zu verstehen, wo er hineingeraten ist. Die Autorin macht es ihm nicht leicht. Es kommen ständig neue Rätsel hinzu. Eine Mutter, die ohne ihr Nähkörbchen nach Peru ausgewandert ist, eine Hündin namens Baghira und schwupp, schon sitzt er im Flugzeug nach Hongkong. Die Erzählperspektive hat gewechselt, der Leser schaut jetzt durch die Augen von Ernst und leidet darunter, dass sein österreichisches Chinesisch nicht verstanden wird. Liest, was er von eigenen Flügen kennt: über die Beschaffenheit der Klapptischchen, die Problematik des Abräumens durch Stewardessen, von den üblichen Engpässen bei der Toilettenbenutzung. Da hat die Autorin genau hingeschaut. Irgendwas wird auch über Ernsts Familiensituation erzählt. In lyrischen Wendungen zieht Reality-TV vorbei: Adoptivkind auf der Suche nach genetischen Wurzeln, kaltherzige Mütter, kranke Väter, geheime Pfade der Liebe, tote Nachbarn und immer wieder Hündchen. Verwicklungen über Kontinente und Generationen hinweg. Wie in der Gartenlaube. Oder in 4664 Folgen Verbotene Liebe. Es wird von großen Gefühlen berichtet, während der Rezipient verwundert den schnellen Schnitten nachstaunt. Kaum hat er die eine Ungeheuerlichkeit zur Kenntnis genommen, wird schon die nächste hinterhergeschoben. Das gefällt Jugendlichen sicher, wenn sie gleichzeitig den Eingang neuer Nachrichten auf der Smartwatch checken. Und doch: Dann und wann ein weißer Elefant. Kunst blinkt auf, Poesie zwischen Sperrigem. Etwa wenn ein kleines Mädchen am Schluss freudig in dem Eis herumstochert, das ihr in den Dreck gefallen ist. Schön.

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Zwei junge Erwachsene geraten bei der Suche nach ihrer Herkunft ins Straucheln. (DR)
Johanna kümmert sich. Um den betagten Nachbarn, den sie mit seiner Hündin im Park trifft. Um ihre Freundin Julia, eine alleinerziehende Mutter. Um ihren Vater, der immer mehr in seiner Demenz verschwindet und einen Heimplatz braucht. Sie hat alles im Griff, muss alles im Griff haben, denn ihre Mutter erfindet sich seit Jahren neu in ihren Sozialprojekten in Südamerika und auf ihren jüngeren Bruder ist ohnehin kein Verlass. Doch dann entdeckt sie beim Ausräumen des Elternhauses eine Postkarte, die alte Gewissheiten wegbröckeln lässt und Johanna unsicher auf losem Grund zurücklässt. Ähnlich verloren wirkt Ernst, Johannas bester Freund aus Kindertagen, der nach China reist, um dort seine leibliche Mutter aufzuspüren.
Mit aufmerksamem analytischen Blick beschreibt Cornelia Travnicek Verlorenheit, Verlustgefühle und familiäre Beziehungsmuster, sie arbeitet die Figuren und ihr Innenleben sorgfältig heraus: Johanna und Ernst, die beiden Hauptprotagonisten Anfang zwanzig, für die die Autorin zwei unterschiedliche Erzählperspektiven wählt, stehen an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt und müssen sich erst ihrer Wurzeln vergewissern, um nach vorne schauen zu können. Poetische Sprachbilder und humorvoll-lakonische Schilderungen ergänzen sich in dieser Coming-of-Age-Geschichte und lassen die Kunstfertigkeit und das Sprachgefühl der jungen österreichischen Autorin in jeder Zeile spüren. Allen Büchereien sehr zu empfehlen.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Rainer Moritz;
Schwesterlein im Geiste
Cornelia Travniceks Roman "Junge Hunde"
Einfacher ist das mit den Familien nicht geworden. Wo sich die Scheidungsraten im Dauerhoch befinden und die Vielfalt der möglichen Patchworkkonstellationen kaum mehr zu überschauen ist, gerät die Zuordnung der Gefühle durcheinander. Was bedeutet einem der leibliche Vater, wenn man ihn nur selten sieht? Woher kommt die Sehnsucht, seine leibliche Mutter zu sehen, wenn man seine Jugend zufrieden bei Adoptiveltern verbracht hat? Was Blutsbande besagen und welche emotionalen Konfusionen diese Fragen auszulösen vermögen, davon handelt Junge Hunde, der zweite Roman der 1987 geborenen Niederösterreicherin Cornelia Travnicek. Bereits in ihrem Debüt Chucks (2012) hatte sie keine Scheu gezeigt, sich schnörkellos den "großen" Lebensthemen zu widmen und Schicksalsschläge ihrer Figuren nicht mit Sentimentalität zu übergießen.
Zwei Erzählstränge sind es, die Junge Hunde alternierend verfolgt. Da ist die Studentin Johanna, die irgendwo in der österreichischen Provinz das Haus der Eltern auflösen und ihren dementen Vater Herbert in einer betreuten Wohngemeinschaft unterbringen muss. Ihre Mutter hat sich gut drei Jahre zuvor nach Peru abgesetzt, um in einem Sozialprojekt ihre Leidenschaft - sich um das Wohl anderer zu kümmern, sofern es nicht die eigene Familie ist - auszuleben. Die andere Hauptfigur heißt Ernst, seit fünfzehn Jahren mit Johanna, seinem "Schwesterlein im Geiste", befreundet. Aufgewachsen ist er bei seinen Adoptiveltern Sibylle und Johannes, doch nun - wir schreiben das Jahr 2008 - bricht er nach China auf, um über eine Adoptionsagentur seine leibliche Mutter ausfindig zu machen, mit Erfolg, denn in der Region Xinjiang kommt er schließlich mit seiner fast blinden Mutter zusammen. Ernsts Reise nach China gibt der studierten Sinologin Travnicek die Möglichkeit, landeskundliche Kenntnisse unter die Leute zu bringen und Ernst, der sich auf Chinesisch kaum verständlich machen kann, Leidvolles mit chinesischen Taxifahrern er­leben zu lassen.
Während Ernst seinen Wurzeln nachspürt, zeigt sich Johanna den komplexen Anforderungen des Lebens schwerlich gewachsen. Lediglich die Gespräche mit dem alten Herrn Glantz (dessen Hund auf den passenden Namen Gloria hört) lenkt sie vom Ungemach ihres Alltags ein wenig ab. Ungehalten darüber, dass sich Freund Ernst ihr entzieht und kaum noch von sich hören lässt, denkt sie darüber nach, seine Vita quasi zum Gegenstand ihrer universitären Abschlussarbeit zu machen und über "Biografien erwachsender Adoptierter asiatischer Herkunft" zu forschen. Doch damit nicht genug: Beim Entrümpeln stößt sie auf eine nie abgeschickte Postkarte des Vaters, deren Botschaft eindeutig ist: "Ihr Vater war nicht ihr Vater." Von da an ist Ernsts Lebensthema auch das ihrige; von da an sinniert sie darüber nach, was ihr der "Lebensvater" und was ihr der anfangs noch unbekannte "Zeugungsvater" bedeuten.
Cornelia Travnicek müht sich redlich, dieses Chaos der Gefühle nicht über Gebühr aufzuladen. Das gelingt ihr, wenn sie ihrem Sinn für Situationskomik vertraut und ihren schnoddrigen Stil der meist unkomplizierten Hauptsätze bei­behält. "Hochpoetisch" hat man diese Prosa genannt - ein gran­dioses Missverständnis, denn fast überall ist die Autorin klug genug, metaphorischen Überschwang zu meiden. Mit guten Gründen: Wo immer sie diese Vorsicht fahren lässt, greifen schiefe oder überladene Bilder um sich. Ein Beispiel: "Noch sitzt man an der Erinnerung wie an einem St 12c6 rand und schon nimmt einem die Ebbe mit. Verliert man sich in Unterwasserströmungen. Hört die Sirenen singen." Abgesehen davon, dass man an dieser Stelle eher die Flut erwartet hätte, ist das ein Übermaß an belangloser Wasserbildlichkeit, zumal wenige Sätze zuvor noch von Sandkästen und gelbem Spielzeug in einem Paralleluniversum die Rede war. Hier passiert, wovor die Autorin ihre Protagonistin eigentlich schützen wollte: "Aber diese Überlegungen rauschen ihr mit einer solchen Geschwindigkeit durch den Kopf, dass es beim Aussprechen derselben bloß zu verbalen Auffahrunfällen kommen würde." Einen sprachlichen Auffahrunfall der besonderen Art liefert übrigens der rätselhafte, beinahe parodistisch wirkende Anfang des Romans: "Der Tag ist frühmorgens mit flüssigem Licht übergossen worden und lichtern trifft es nun an den Bäumen herab." So überdreht geht es zum Glück nicht weiter.
Junge Hunde hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits ist es erfreulich, mit welch klarem Blick Cornelia Travnicek Gefühle der Unsicherheit und Ratlosigkeit wiederzugeben und den Wert von Verwandtschaft und Freundschaft neu zu bestimmen vermag. Andererseits aber lädt sie ihrer Geschichte zu viel an bedeutungsschwangerem Ballast auf. Wien, China, Peru, Kanada (wohin Johannas Bruder auswandern will) - das sind viele Orte für einen schmalen Roman, und als wäre es damit genug, tummeln sich zur Rechtfertigung des Titels mehrere tapsige Hunde an vielen Ecken und Enden und werden die beiden Erzählstränge immer wieder durch Belehrungen unterbrochen, mit denen Imker Johannes seinem Adoptivsohn die Wunderwelt der Bienen erklärt. "Die männliche Honigbiene hat keinen Vater" heißt es folglich im Prolog - wenn man nur wüsste, was einem das sagen will.

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Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Heimat, Familie, Verantwortung all das sind Themen, die in diesem Roman anhand
zweier durch Freundschaft verknüpfter Lebensgeschichten erzählt werden. Auf der einen Seite steht Johanna, die ihr Studium abschließen will und das Elternhaus verkaufen muss, nachdem die Mutter die Familie verlassen und nach Südamerika ausgewandert ist und der Vater beim Einsetzen der Handlung aufgrund seiner Demenz in ein betreutes
Wohnheim umzieht. Auf der anderen Seite begibt sich Johannas bester Freund Ernst
währenddessen in China auf die Suche nach seiner leiblichen Mutter und versucht die Umstände seiner Adoption herauszufinden. Zwei sehr unterschiedliche Geschichten, die eindrucksvoll durch Motive von Familie und Zugehörigkeit und der Bedeutungsweite dieser Begriffe verwoben werden. Und auch wenn manche Dinge aufgelöst werden, sind Suche, Ungewissheit und Sehnsucht am Ende immer noch präsent.
*STUBE*

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